Ich bin sehr “deutsch” aufgewachsen, obwohl ich noch nie in Deutschland gelebt hatte, bevor ich nach Berlin gezogen bin – ich besuchte eine deutsche Auslandsschule und lebte in einem Mikrokosmos mit anderen deutschen Familien, die im Ausland lebten. Meine Eltern sind ethnische Chinesen, in Vietnam aufgewachsen. Nachdem sie vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind, haben sie beide in Deutschland studiert. Mein Vater hat für eine deutsche Firma im Ausland gearbeitet.
Das denken vielleicht die meisten nicht. Sie denken entweder ich sei immer in Deutschland gewesen, oder ich käme nur aus China. Ich glaube, dass es vielen Menschen ähnlich geht. Ich behaupte, die meisten Menschen in Deutschland haben irgendeine Form von Migrationshintergrund – manche eine sichtbare, andere eine unsichtbare (z.B. innereuropäische Migration). Ich sage meistens: „Ich komme aus Berlin“ – dann hat man das Problem nicht.
„Ich hätte Lust auf mehr Selbstverständlichkeit.
Dass es einfach so ist, wie es ist. […]
Es soll nicht gefragt werden, wieso Leute hier sind.„
Wir leben in einer Art Doppelmoral. Man kommt als junger Mensch nach Neukölln und weiß, dass man Entwicklung mitbringt und eigentlich müsste man in die Lokalpolitik eintreten, um da Einfluss darauf zu haben, wie diese Entwicklung stattfindet. Deswegen bin ich keiner der sagt, ich will nicht “dies oder das” hier haben. Ich will nur, dass mit Bedacht auf die Umgebung und die Menschen hier inklusiv entwickelt wird.
Vielen Dank für deine Geschichte, Seb!
Fotos: Christopher Quantrell